Donnerstag, 20. Februar 2014
Besch(n)eiden
Endlich hält er Einzug,
der Frühling. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Ich habe
etwas gelernt, was bleiben wird. Wein, Obstbäume und Rosen kann ich
nun beschneiden. In der letzten Woche waren wir da sehr aktiv. Das
französische Ehepaar möchte eine Rosenplantage anlegen, um Rosenöl
und getrocknete Blüten für einen Natur-Kosmetik-Konzern zu
produzieren. Wir helfen ihnen dabei – am Sonntag haben wir den
Grundstein gelegt. Zusammen waren wir in der Nähe von Kvareli, wo
ein Georgier bereits seit ein paar Jahren in diesem Feld tätig ist.
Dort haben wir zwei Tage damit verbracht, den abgeschnittenen Teil
seiner Rosen einzusammeln. Den Kofferraum voll mit Rosen-Stänglen,
ging es zurück. Seitdem schneiden wir täglich ein Paket in kleinere
Stücke, aus denen hoffentlich bald Stecklinge werden. Es wir Monate
dauern, bis aus den Stecklingen kleine Rosen-Pflanzen werden. Wir
werden wohl kaum noch miterleben, wie sie auf die, dafür
vorgesehenen Flächen gepflanzt werden, doch werden wir bestimmt auf
dem Laufenden gehalten. Den Wein in unserem Garten habe ich wiederum
mit dem Australier bereits vor einiger Zeit beschnitten, ebenso wie
die Rosen. Jetzt sind noch die Obstbäume dran – es gibt viel zu
tun, auch weil wir parallel bereits damit beginnen, die ersten
Setzlinge für den Garten zu ziehen. Das turbulente Treiben draußen
sind wir gar nicht mehr gewohnt, nach den langen Monaten am Ofen.
Nächste Woche werden wir sehen, ob das Taschen-Projekt erfolgreich
ist. Die Taschen sind genäht, jetzt müssen sie nur noch an die
Kundschaft verkauft werden.
Dienstag, 11. Februar 2014
Bambus, Diskobus, Kaukasus?
Wie war das nochmal in der dritten
Klasse, als die Lehrerin drei Wörter an die Tafel geschrieben hat
und dazu den Arbeitsauftrag "Schreibt eine Reizwortgeschichte!"
verlauten ließ? Was wäre bei diesen drei Wörtern wohl
herausgekommen? Hier meine Version ..
Mittwoch, 5. Februar: Mein Handy war selbstverständlich abgeschaltet, als zwei Freiwillige aus Tbilisi vergeblich versuchten, Thalia und mich darüber zu erreichen.
Donnerstag, 6. Februar: Das Haustelefon klingelt. Ein junger Herr meldet sich. Er läd uns zu einem Ausflug nach Lagodekhi ein. Kein Wasser, Schweinekälte und keine Lust, noch länger im Zimmer zu verharren - was gibt es da schon zu überlegen? Wir stimmen zu.
Freitag, 7. Februar: Die Sachen sind gepackt, die Schweine gefüttert - es kann losgehen. So lange hat der Weg von Argokhi nach Telawi noch nie gedauert - die Marschutka wird einfach nicht leerer, sobald jemand ausgestiegen ist, steigt ein anderer zu. Erst in drei Stunden fährt die nächste Marschutka nach Lagodekhi? Solange kann man an keinem Kaffee nippen! Ein Friseurbesuch wäre eine sinnvolle Alternative. Eine nett wirkende Dame winkt mich herein. Ihr Lächeln verzieht sich zu einer Grimasse, als sie meinen Pferdeschwanz lockert. „deda!“ - eine Schimpftirade prasselt auf mich nieder. Meine Haare werden so unsanft wie möglich durchkämmt und alle anderen Mitarbeiter werden darauf aufmerksam gemacht, wie schlecht ich mich um meine Haare kümmere. „shampoo wizi?“, am liebsten hätte ich geantwortet: „me zudi gogo war!“ („Ich bin ein schlechtes Mädchen!“). So wird aus dem Zeitschinden in dem kleinen Friseurladen um die Ecke eine Tortour. Um das klarzustellen – meine Haare sind trotz Wassermangel gepflegt. Nach dem wohl kürzesten und schlimmsten Friseurbesuch, geht die Reise los. Wir wussten natürlich nicht, dass wir soeben einen Diskobus betreten hatten. Da hing jedenfalls kein Schild an der Tür, welches vor etwaigen Hörschädigungen gewarnt hätte, soweit ich mich erinnern kann. Zwei Stunden lang rieselt russisches Popgedöns auf uns hernieder. Das ist eigentlich nicht ganz richtig – ein Unzaunza war mit deutschem Text unterlegt. Es handelt von irgendwelchen „Doktorspielen“ (vielleicht erinnert sich der ein oder andere dunkel). Der Marschutka-Fahrer grinst wie ein Honigkuchenpferd zu uns in den Rückspiegel, schließlich ist das Lied doch deutsch, so wie wir. Mir wird übel ..
Samstag, 8. Februar: Es ist circa sechs Uhr am Morgen, ich befinde mich im Halbschlaf. Als sich plötzlich jemand am Heizlüfter in unserem Gästezimmer zu schaffen macht. Ich schrecke hoch, sage etwas vor mich hin und schlafe wieder ein. Erst beim Frühstück begreife ich, dass es die Hausherrin war, die Strom sparen wollte und die einzige Wärmequelle unseres Zimmers als Ziel ihres Vorhaben auserkoren hatte. Von Privatsphäre hat diese Frau in ihrem Leben vermutlich noch nie etwas gehört, aber dazu komme ich noch. Wir machen uns auf den Weg in den Nationalpark, genauer gesagt, zu dem kleinen Wasserfall. Der Pfad war, trotz ausreichender farblicher Markierung, aufgrund der Schneedecke kaum zu erkennen. So kamen wir nicht nur einmal davon ab. Nach der ersten ungeschickten Flussüberquerung war der erste Schuh unter Wasser gesetzt, nach der vierten beide. Nach einer Weile wurde die kleine Marri abenteuerlustig und so trug es sich zu, dass sie beim Überqueren einer Schlucht gar als Erste vorangehen wollte. „Ein dünner und ein dicker schneebedeckter Stamm werden doch wohl ausreichen, um da rüber zu kommen.“, dachte sie und marschierte siegessicher los. Nach zwei Metern veränderte sich die Einschätzung der Lage und es ging auf allen Vieren weiter – die Anderen wählten aus unerfindlichen Gründen andere Wege.
Sonntag, 9. Februar: Kaum war das Frühstück verschlungen, macht sich ein ungutes Gefühl in mir breit – nicht nur, weil ich schon wieder zu viel gegessen habe. Nein, ich denke auch an meine Hose und Schuhe, die oben ganz nahe am Heizlüfter standen. Als ich den Raum betrete, erlange ich Gewissheit. Es riecht angebrannt. Meine Hose, meine Lieblingshose – braune Flecken, an beiden Hosenbeinen. Und warum? Weil jemand in der Zwischenzeit Strom sparen wollte. Die Alte hatte sich wieder daran zu schaffen gemacht und so den ungünstig gelegenen obersten Heizstab aktiviert. Vielen Dank auch! Ab nach draußen – an die nahegelegene Grenze zu Aserbaidschan soll es gehen. Der Weg führt uns schließlich durch matschige Dörfer und so manch einen sogar fast an den Rand der Verzweiflung. Die Dorfbewohner wundern sich sehr über diese Touristen, die offensichtlich vom Weg abgekommen sein müssen. Und ich wundere mich sehr, als ich diese Pflanze sehe, die hier mit einer Selbstverständlichkeit beinahe neben jedem zweiten Haus steht – Bambus. Bambus und im Hintergrund der Kaukasus. Ein paar Meter weiter erblicken wir sie schließlich, die Grenze zum Nachbarland.
Mittwoch, 5. Februar: Mein Handy war selbstverständlich abgeschaltet, als zwei Freiwillige aus Tbilisi vergeblich versuchten, Thalia und mich darüber zu erreichen.
Donnerstag, 6. Februar: Das Haustelefon klingelt. Ein junger Herr meldet sich. Er läd uns zu einem Ausflug nach Lagodekhi ein. Kein Wasser, Schweinekälte und keine Lust, noch länger im Zimmer zu verharren - was gibt es da schon zu überlegen? Wir stimmen zu.
Freitag, 7. Februar: Die Sachen sind gepackt, die Schweine gefüttert - es kann losgehen. So lange hat der Weg von Argokhi nach Telawi noch nie gedauert - die Marschutka wird einfach nicht leerer, sobald jemand ausgestiegen ist, steigt ein anderer zu. Erst in drei Stunden fährt die nächste Marschutka nach Lagodekhi? Solange kann man an keinem Kaffee nippen! Ein Friseurbesuch wäre eine sinnvolle Alternative. Eine nett wirkende Dame winkt mich herein. Ihr Lächeln verzieht sich zu einer Grimasse, als sie meinen Pferdeschwanz lockert. „deda!“ - eine Schimpftirade prasselt auf mich nieder. Meine Haare werden so unsanft wie möglich durchkämmt und alle anderen Mitarbeiter werden darauf aufmerksam gemacht, wie schlecht ich mich um meine Haare kümmere. „shampoo wizi?“, am liebsten hätte ich geantwortet: „me zudi gogo war!“ („Ich bin ein schlechtes Mädchen!“). So wird aus dem Zeitschinden in dem kleinen Friseurladen um die Ecke eine Tortour. Um das klarzustellen – meine Haare sind trotz Wassermangel gepflegt. Nach dem wohl kürzesten und schlimmsten Friseurbesuch, geht die Reise los. Wir wussten natürlich nicht, dass wir soeben einen Diskobus betreten hatten. Da hing jedenfalls kein Schild an der Tür, welches vor etwaigen Hörschädigungen gewarnt hätte, soweit ich mich erinnern kann. Zwei Stunden lang rieselt russisches Popgedöns auf uns hernieder. Das ist eigentlich nicht ganz richtig – ein Unzaunza war mit deutschem Text unterlegt. Es handelt von irgendwelchen „Doktorspielen“ (vielleicht erinnert sich der ein oder andere dunkel). Der Marschutka-Fahrer grinst wie ein Honigkuchenpferd zu uns in den Rückspiegel, schließlich ist das Lied doch deutsch, so wie wir. Mir wird übel ..
Samstag, 8. Februar: Es ist circa sechs Uhr am Morgen, ich befinde mich im Halbschlaf. Als sich plötzlich jemand am Heizlüfter in unserem Gästezimmer zu schaffen macht. Ich schrecke hoch, sage etwas vor mich hin und schlafe wieder ein. Erst beim Frühstück begreife ich, dass es die Hausherrin war, die Strom sparen wollte und die einzige Wärmequelle unseres Zimmers als Ziel ihres Vorhaben auserkoren hatte. Von Privatsphäre hat diese Frau in ihrem Leben vermutlich noch nie etwas gehört, aber dazu komme ich noch. Wir machen uns auf den Weg in den Nationalpark, genauer gesagt, zu dem kleinen Wasserfall. Der Pfad war, trotz ausreichender farblicher Markierung, aufgrund der Schneedecke kaum zu erkennen. So kamen wir nicht nur einmal davon ab. Nach der ersten ungeschickten Flussüberquerung war der erste Schuh unter Wasser gesetzt, nach der vierten beide. Nach einer Weile wurde die kleine Marri abenteuerlustig und so trug es sich zu, dass sie beim Überqueren einer Schlucht gar als Erste vorangehen wollte. „Ein dünner und ein dicker schneebedeckter Stamm werden doch wohl ausreichen, um da rüber zu kommen.“, dachte sie und marschierte siegessicher los. Nach zwei Metern veränderte sich die Einschätzung der Lage und es ging auf allen Vieren weiter – die Anderen wählten aus unerfindlichen Gründen andere Wege.
Sonntag, 9. Februar: Kaum war das Frühstück verschlungen, macht sich ein ungutes Gefühl in mir breit – nicht nur, weil ich schon wieder zu viel gegessen habe. Nein, ich denke auch an meine Hose und Schuhe, die oben ganz nahe am Heizlüfter standen. Als ich den Raum betrete, erlange ich Gewissheit. Es riecht angebrannt. Meine Hose, meine Lieblingshose – braune Flecken, an beiden Hosenbeinen. Und warum? Weil jemand in der Zwischenzeit Strom sparen wollte. Die Alte hatte sich wieder daran zu schaffen gemacht und so den ungünstig gelegenen obersten Heizstab aktiviert. Vielen Dank auch! Ab nach draußen – an die nahegelegene Grenze zu Aserbaidschan soll es gehen. Der Weg führt uns schließlich durch matschige Dörfer und so manch einen sogar fast an den Rand der Verzweiflung. Die Dorfbewohner wundern sich sehr über diese Touristen, die offensichtlich vom Weg abgekommen sein müssen. Und ich wundere mich sehr, als ich diese Pflanze sehe, die hier mit einer Selbstverständlichkeit beinahe neben jedem zweiten Haus steht – Bambus. Bambus und im Hintergrund der Kaukasus. Ein paar Meter weiter erblicken wir sie schließlich, die Grenze zum Nachbarland.
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