Das ist das Dorf, in dem wir wohnen - aus der Vogelperspektive (naja fast). Ich habe das Foto bei einem kleinen Wanderausflug aufgenommen, bei dem wir zwar nicht viel weiter als das letzte Mal gekommen sind, doch haben wir wieder so einiges entdecken können (eine Wiese voller Quittenbäume zum Beispiel). Argokhi - es scheint viel kleiner zu sein als es ist. Das liegt an der Struktur des Dorfes; es gibt eigentlich keine Straße die durchführt, die Hauptstraße endet an dem Dorfplatz "bilja" (dort stehen respektive sitzen meist einige betrunkene Männer rum, beschäftigt damit, noch betrunkener zu werden). Von dort führen einige kleinere Straßen in die unterschiedlichen Teile der Ortschaft. Wenn man sich in einem befindet, kann man die anderen kaum erahnen, da zwischendrin immer wieder Bäume oder allgemein die Gärten der Dorfbewohner die Sicht versperren. Insgesamt wohnen hier ungefähr 400 Menschen (mehr als in Breitenlesau).
Samstag, 26. Oktober 2013
Ein Bett im Kornfeld ist ein feuchter Dreck dagegen
Heute haben wir frei und das ist auch bitter nötig – nach dieser arbeitsreichen Woche, in der wir das Unkraut auf den Feldern verbrannt, Früchte eingemacht, Salat, Spinat und Mangold gesät, Salate pikiert und viel diskutiert haben. Zudem war gestern mein erster Tag in der Bäckerei. Das heißt eigentlich früh aufstehen, doch JJ war (wie eigentlich immer) spät dran, deswegen durfte ich mir die Zeit noch mit anderen Dingen verplempern. Danach ging es mit dem Feuern des Ofens los. Es folgen das Zerteilen und Wiegen des Teiges, der danach von JJ gespannt und anschließend auf ein Tuch gereiht wird. Ferner muss der Ofen von Glut und Asche befreit werden. Weiter geht es mit dem Formen der Brote, die danach ein Muster verpasst kriegen (pflanzenähnlich). Ab in den Ofen damit! Zwischendurch müssen selbstredend noch die Bretter und Arbeitsflächen gesäubert und das überschüssige Mehl gesiebt werden. Es ist soweit, die Brote sind fertig. Sie werden herausgeholt und von etwaigen Kohleresten befreit. Kiste bereitstellen und ab dafür. Und weil es so schön war, das Ganze noch einmal! Die Arbeit in der Bäckerei ist nicht besonders anstrengend, doch ist es schwierig, sich alle Schritte genau einzuprägen und alles akkurat auszuführen. Es war ein langer Tag, an dem ich endlich mal miterleben durfte, wie das Brot, welches wir täglich genießen dürfen, entsteht. Ok, ich schweife eindeutig ab – wollte ich euch doch eigentlich von unserem freien Tag erzählen! Nach einem sehr ausgedehnten Frühstück ging es los, in Richtung Pankisital. Sechzig Kilometer durch eine sehr abwechslungsreiche Landschaft. Zum ersten Mal war ich in einem Dorf, das hauptsächlich von Tschetschenen bewohnt wird und der Unterschied zu den anderen georgischen Dörfern war selbst für mich als Auswärtige sofort erkennbar. Die Menschen dort scheinen reicher zu sein, die Straßen sauberer und die Männer bärtiger. Letzteres wiederum hängt wohl damit zusammen, dass die Menschen hier zum Großteil muslimischen Glaubens sind (die meisten Georgier sind orthodoxe Christen). Das Pankisital ist schön, doch auch vor diesem scheinbar weit abgelegenen Ort hat das zivilisatorische Treiben der Menschen keinen Halt gemacht, ach was sage ich die Globalisierung! Hier, gleich neben dem Naturschutzgebiet wurde ein, von Chinesen betriebenes Wasserkraftwerk, hingepflastert. Wenigstens haben sie für gemütliche Pausen vorgesorgt – hier seht ihr uns auf dem Bett neben dem chinesischen Wasserkraftwerk im Pankisital thronend.
Sonntag, 20. Oktober 2013
Wie das hier so mit der Post läuft ..
Wenn einem die Eltern sagen, dass sie gerne ein Päckchen schicken würden, da denkt man sich nichts dabei, da freut man sich einfach. Es sollte ein Versuch werden, man wüsste ja noch nicht, wie das hier so mit der Post laufe. Tja mittlerweile kann ich ein Lied davon singen, wie es hier mit der Post läuft. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich wohl lieber auf das Päckchen aus den deutschen Landen verzichtet .. und die Geschichte geht so: man erhält am Donnerstag einen Anruf aus der Poststation in Akhmeta wegen eines Paketes, das an eine gewisse Maria Stenglein adressiert ist. Leider reicht mein Georgisch noch nicht aus, um ein Gespräch mit einem Postbeamten zu führen und leider war auch sonst niemand da, der Georgisch sprach - bis auf den Nachbarn, der gerade die Fliesen verlegte. Leider ist dieser etwas schwerhörig
und auch deshalb dauerte es eine ganze Weile bis zumindest einige
Informationen ausgetauscht waren. Ich war sehr verwundert darüber,
dass ich zuerst nach Telawi und danach nach Akhmeta fahren sollte, um
meine Sendung zu erhalten. Doch ich dachte mir „Gut, dann ist das
halt so.“, schob es aber noch bis Dienstag auf. Als Ruslan mich mit
seinem neuen Schlitten (genannt „Trabbi“) abholen kam, freute ich
mich eigentlich über den Ausflug, da ich so dem alltäglichen Stress
ein bisschen zu entkommen hoffte. Denkste! In Telawi ging es schon
mal damit los, dass die Poststelle umgezogen war, also machten wir
uns auf die Suche nach der neuen. Dort angekommen musste der
Telawi-Postbeamte erst noch Rücksprache mit seinem Kollegen in
Akhmeta führen, um uns dann mitzuteilen, dass wir zuerst zum
Finanzamt sollten, um dort einen Code zu beantragen. Gesagt, getan,
ab zum Finanzamt. Die jungen Beraterinnen verwiesen mich gleich zur
älteren, da die Sachlage etwas schwieriger zu sein schien. Diese
benötigte dann die Nummer meines Personalausweises, den ich aber in
Deutschland gelassen hatte (um ihn nicht zu verlieren). Also wurde
die Mutti angerufen und nach der Nummer befragt. Zwei Stunden später
– nach einigen Verständigungs- und Internetschwierigkeiten –
erhielt ich schließlich einen Zettel mit einer Nummer, die mich dazu
berechtigen sollte, an mich adressierte Post abzuholen. So schön, so
gut – weiter nach Akhmeta. Dort angekommen, mussten wir schon sehr
lange suchen, um die Poststelle zu finden, die befand sich nämlich
im hinterletzten Winkel eines halbabgerissenen Hauses aus
Sowjetzeiten. Die beiden Beamten schienen sehr beschäftigt, deshalb
musste ich erst mal warten. Danach nahmen sie sich meines Päckchens
an und ich musste, wer hätte das gedacht, noch länger warten. Eine
Stunde und zwei Stempel und drei Unterschriften später hielt ich es
dann in den Händen. Ich musste den netten Herren jedoch 20 Lari
bezahlen (wahrscheinlich für ihre unglaubliche Mühsal), darüber
hinaus überreichten sie mir einen Zettel, auf dem ein Betrag
geschrieben stand, den ich in der Bank begleichen sollte. Warte mal –
noch mehr zahlen? Meine Eltern haben doch schon .. ach, was soll's, ich will einfach nur heim. Weiter zur
Bank, doch da herrschte sehr reges Treiben – überall Menschen,
überall Gedränge und lautes Durcheinander-Rufen. Ich wollte
eigentlich Geld abheben, doch an einem Schalter, der für eine ganze
Region reichen muss und an dem in diesem Moment um die 15 Leute auf
ihr Drankommen warteten und dabei neugierig alle Geschäfte des
Vordermannes mitverfolgten, verzichtete ich dann doch darauf. Ruslan
war bereit, mir das Geld zu leihen (57 Lari), doch musste er erst dem
jungen Mann mit dem Wuschelhaaren aus dem Direktoren-Zimmer Feuer
unterm Hintern machen, damit es voranging. Währenddessen saß ich
bereits im Auto und schüttete mich mit Fanta voll. Als Ruslan dann
endlich herauskam, mit meiner Quittung, fuhren wir weiter –
natürlich nicht nachhause, sondern zum Automaten, wo er seine
Parksünde abbezahlen sollte. Erledigt, weiter? Nein, erst musste
noch eine halbe Schlägerei angezettelt werden, mit einem Mann, der
ihm in der Bank blöd gekommen war .. ok, jetzt ging es aber wirklich
zurück nach Argokhi, wo ich stöhnend die Tür öffnete und mit viel
Bedauern erkannte, dass Apfelschneiden wohl doch ein geringeres
Stress-Risiko birgt. Trotzdem ein dickes Dankeschön für all die netten Kleinigkeiten, die uns die Zeit hier versüßen sollen! Ich habe mich sehr gefreut, als ich es endlich geöffnet hatte, mein Päckchen.
Gut Brot will Weile haben
Das ist Thalia beim Mehlsieben. Sie hat
eine Menge Spaß dabei, es gehört schließlich zu ihren
allerliebsten Lieblingsbeschäftigungen. Denn wer trennt nicht gerne
die Spreu vom Weizen – ähh den Weizen vom Kleingetier? Ja, so saß
sie da und siebte und siebte was das Zeug hielt. Darüber vergaß sie
ganz die Zeit, so trug es sich zu, dass sie dort für vier Stunden
verweilte, in einer Position, die besonders rückenschonend zu sein
scheint und den Muskelaufbau im linken Arm auf ganz hervorragende Art
und Weise unterstützt. Und, falls das ungesiebte Mehl noch nicht zur
Neige gegangen ist, so siebt sie noch heute .. Spaß beiseite; diese
Plackerei hat schließlich ihren Grund und den könnt ihr hier sehen,
im neuen Ofen in der soeben fertiggestellten Bäckerei. Das Brot
steht im Zentrum der Tätigkeiten Jean-Jacques', denn an allen
Donners-, Frei- und Samstagen dreht sich alles nur ums Brot. Zuerst
wird der Sauerteig vermehrt, dann der Teig hergestellt, der Ofen
angefeuert, anschließend wird gebacken und am darauffolgenden Tag
wird es auf dem Markt in Tiflis zusammen mit anderen Produkten
(Tees, Gemüse, Marmeladen, Honig, Sonnenblumenöl, Apfelsaft und
Keksen) von Jean-Jacques vertrieben. Die meisten anderen Produkte
(bis auf das Sonnenblumenöl) stammen jedoch von Bekannten oder
anderen Organisationen. Bald können wir endlich wieder unser
hofeigenes Gemüse vermarkten, da es im Garten wieder besser
aussieht. Das Weizen bauen wir allerdings selbst an, es handelt sich
um eine alte georgische Sorte, die sogar für Gluten-Allergiker
geeignet ist. Um auf den Titel zurückzukommen - das Brot muss nach dem Backen eigentlich einige Tage ruhen, da es sich noch in der Entwicklung befindet, eigentlich .. aber wer kann schon frischem Brot widerstehen? Ich jedenfalls nicht!
Samstag, 12. Oktober 2013
Versuchslabor Backstube
Das sind die Ergebnisse der letzten Studien - mein erster Gitterkuchen ála Oma Kunni und mehrere Hefezöpfe (und -Fische). Da der Ofen sagen wir mal suboptimal zum Backen ist, wurde die Unterseite des Kuchens auch eher dunkelbraun .. es wurde sodann eine verbesserte Version hergestellt und auf der Stelle verputzt - leider zum Großteil von unserem alles vertilgenden Kater, der dann nicht einmal ein schlechtes Gewissen hatte, als neue Woofer kamen und wir kaum noch Kuchen für sie hatten. Die Hefezöpfe sind auch noch verbesserungswürdig, aber das muss noch eine Woche warten, denn erst dann wird der Ofen in der Bäckerei wieder in Betrieb gesetzt ..
Neulich in Tiblisi ..
Vor zwei Wochen trug es sich zu, das auch wir einmal in die Stadt gelangten, die da heißt Tiblisi, die Warme. Dieses Wochenende schickte sich an, eines der schönsten Wochenenden seit Langem zu werden, aber davon werde ich euch ein andermal berichten. Doch diese unerhörte Begebenheit konnte ich euch einfach nicht länger vorenthalten. Da spaziert man des Nachts durch die Stadt und denkt sich nichts dabei, als man von der Beschilderung "Art Studio" angelockt, ein Atelier betritt. Wir fanden drei Männer sitzend und in ein angeregtes Gespräch vertieft vor. Nach einer kurzen Begrüßung stellte sich heraus, dass einer der Männer ein Landsmann war, doch es wurde noch besser - sein "Servus!" ließ mich ihn zwar schon südlich verorten, doch das es sich um einen Hofer handelte, hätte ich mir wohl nicht träumen lassen. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie die heimatlichen Klänge mein Herz zum Lachen brachten. Dieser durchgeknallte Typ rennt doch tatsächlich jeden Tag 60 km durch die Gegend und ist an diesem Tag einfach mal bei seinen georgischen Freunden reingeschneit. Danach gelangten wir auf seltsamen Wegen nochmals in ein Art Studio, doch das ist eine andere Geschichte ..
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