Samstag, 23. November 2013

Unfreiwillig getarnt

მე არ ვარ ქართველი! (Übersetzung: "Ich bin keine Georgierin!") Ja, diesen Satz muss ich wohl noch verinnerlichen. Anwenden ließe er sich nämlich bei jeder Gelegenheit. Vor allem Verkäufer, Post- und Bibleotheksbeamten neigen dazu, einen Schwur darauf ablegen zu können, dass ich wie eine typische Georgierin aussehe. Deswegen schauen sie mich alle immer sehr verdutzt an wenn ich sage: "Bodishi! Me k'art'uli aris ts'ota ts'ota." ("Entschuldigung, aber ich kann nur ein bisschen Georgisch.") Das ist immer der Zeitpunkt, an dem ich meine Tarnung auffliegen lasse. Aber man kommt zumindest mal ins Gespräch. Manchmal ist es auch ganz praktisch, einfach nicht wie eine Touristin, und damit irgendwie fremd, zu wirken. Wenn ich allerdings mit anderen Freiwilligen unterwegs bin (es reicht eigentlich auch schon, wenn Thalia dabei ist), entsteht dieses Missverständnis meist gar nicht erst. Exotisch fühle ich mich hier also nicht, eher in Erklärungsnot. Wenn wir schon mal bei der Kategorie "Verwirrungen international" sind - warum kauft Griechenland einen Baum in der Hauptstadt Georgiens, noch dazu auf irgendeinem Hügel? Hat es zu mehr nicht gereicht? Die spinnen, die Griechen!

Mittwoch, 20. November 2013

Amtseinführung

Vor wenigen Wochen wurde in Georgien gewählt. Micheil Saakaschwili wurde diesen Sonntag von Giorgi Margwelaschwili abgelöst. Dieses Event wird in Georgien relativ groß zelebriert, vor allem natürlich in der Hauptstadt. An diesem Tag sah man überall Luxuskarossen, sehr wichtige Menschen und noch mehr Reporter. Hier sieht man Letztere gerade bei der Arbeit.

Das eiserne Hinterteil

Auch wir haben uns dieses Wochenende die Stadt einmal von oben angeschaut (eigentlich sogar zweimal, wenn ich es mir recht überlegen). Wenn man die Gondel nimmt ist man ruckzuck oben und von dort aus hat man einen schönen Blick - fande diese Ansicht allerdings interessanter ;) Leider habe ich kein Foto mit dem wohl nettesten Mobilen-Kaffeeladen-Besitzer gemacht .. der kann einen alles andrehen, was man vorher eigentlich verneint hatte, allein weil er einen so kritisch anguckt. Erinnert mich irgendwie an den Ober im kroatischen Frühstückscafé .. Schulterzucken, "oke". Von so einem Auto mit Kaffee-Vollautomaten im Kofferraum sollte ich sowie so mal ein Foto machen.

Montag, 18. November 2013

MATA Pasta


Thalia und ich machen jetzt in Nudeln. Es geht so einfach, dass ich mich frage, warum ich die zuhause immer fertig gekauft habe, anstatt sie einfach selbst zu machen. Gut, man braucht eine Nudelmaschine, die haben wir hier zum Glück. Die Trocknungsmethode ist zwar noch verbesserungswürdig, aber wenn es so weiter geht, machen wir vielleicht sogar welche für den Verkauf auf dem Markt. Unser Weizen ist vielleicht nicht optimal geeignet dafür, aber es funktioniert und, was noch wichtiger ist, die Pasta schmeckt richtig gut. Man braucht gar keine Sauce dazu, einfach ein bisschen von uns eingelegter Knoblauch und ab dafür. Weil ich gerade mal daran denke - ich wollte noch ein Foto von unseren selbst gemachten Chinkali (georgische Spezialität) hochladen und ein Rezept zum Nachmachen ..

Karalioki-Ernte


Kompott-Komplott

Apfelgelee war das Ziel - herausgekommen ist dabei leider bloß sehr süßer Apfelsaft. Immerhin!

Sonntag, 17. November 2013

Spuk unterm Riesenrad

Eigentlich sollten wir im Moment in Sighnaghi verweilen, zusammen mit anderen Freunden auf dem Woofing-Hof eines Winzers (der, der seine Flaschen selbst bemalt). Doch nun sitzt einer der Freunde auf einem Kaki-Baum und die andere immer noch in einem Seminar fest. Es kommt eben grundsätzlich mal anders, als man denkt. Doch das Leben fügt, es geht jedoch nie den Weg, den man in Gedanken vorher schon bis zum Ende und noch weiter abgeschritten ist. Es bahnt sich seinen Weg, einfach so. Jedenfalls sind wir jetzt einmal mehr in der Hauptstadt und verweilen einmal mehr in unserem 3ten Zuhause: dem Fox Hostel. Es war eine lange Nacht - die Ringe unter meinen Augen verraten mich. Alle anderen Freiwilligen sind gerade "ausgeflogen" (nicht in Tiblisi), deshalb mussten Thalia und ich uns selbst etwas ausdenken, um unsere Freizeit hier gewinnbringend zu vertrödeln. Also folgten wir dem Tipp der Hostel-Gemeinde - ein Konzert in irgendeinem Park. Es handelte sich, wie wir erst später herausfanden, um einen Freizeitpark, in den man nur mittels einer Gondel gelangen kann. Darüber hinaus befand sich der Club doch tatsächlich unterhalb eines Riesenrades. Soweit, so seltsam. Die deutscheste aller Tugenden haben Thalia und ich anscheinend noch nicht ganz ablegen können - die Pünktlichkeit. Anfangs dachte ich ja, dass mir das nicht besonders schwer fallen sollte (das Stengleinsche-Denkschema: dann losmarschieren, wenn man bereits dort sein müsste). Hier gehen die Uhren doch ein bisschen anders - selbst klassische Konzerte beginnen längst nicht zum angegebenen Zeitpunkt (da wird meist noch geprobt). Und so kam es, dass wir gestern ungefähr zwei Stunden zu früh bei diesem Konzert die Zelte aufschlugen. Ich sage das so, weil man anfangs nichts anderes tun konnte, als sich auf die riesige Veranda in einen Sitzsack fallen zu lassen und dabei die Aussicht über die ganze Stadt zu genießen. Vor allem dann, wenn man das System mit der Getränkebestellung nicht im Mindesten durchblicken konnte. Als sich der immens große Raum schließlich doch noch mit Menschen gefüllt hatte, konnte es losgehen. Anfangs sehr schleppend, doch je besser die Musik wurde, desto besser wurde unsere Stimmung. Am Ende tropfte vermutlich wirklich der Schweiß von der Decke - so viele Menschen, die derart am Ausrasten waren, unglaublich! Irgendwann heute Morgen bewegten wir unsere geschundenen Füße dann doch wieder in Richtung der uns mittlerweile wohl bekannten Rustaveli Ave. Doch auch hier hat das Nachtleben noch lange nicht aufgehört zu pulsieren - und so schliefen wir schließlich zu den eingängigen Beats des Nachbarclubs friedlich ein.

Samstag, 9. November 2013

Expertenrunde

Am Montag war es mal wieder soweit – jede Menge Gäste, die es zu bewirten galt. Doch diesmal waren wir vorbereitet, denn zur Abwechslung wussten wir über diesen Umstand schon einige Tage im Voraus Bescheid. So wurde das schlecht ausgebildete Hilfspersonal (Thalia und ich) schon am Tag vorher extra aus der Hauptstadt eingeflogen äh naja mit der Maschutka nach Alvani gebracht (diesmal ohne alten Laberonkel und auch ohne den Umstand, zwischen einer Mutter mit Kind und einem steinalten Mann eingequetscht zu sein). Serviert wurde ein 3-Gänge-Menü, bestehend aus einer Gemüsesuppe, einem Wodka-Fenchel-Risotto (die Betonung lag diesmal wirklich eher auf dem Wodka, bei dem es sich eigentlich Ruslands selbstgebrannten „Chacha“ handelte), Salat und einem improvisierten Kuchen. Zu Gast waren diesmal erfahrene Leute aus der Bio-Kosmetik-Branche. Außerdem weitere Personen, die über viel Erfahrung im bio-dynamischen Garten- und Landbau verfügen und wahrscheinlich bald nach Argokhi ziehen werden. Später verlagerten wir die Runde in ein anderes Haus, wo ein Vortrag von Jonas (ein anderer Freiwilliger, der bei der Ethik-Bank in Tiblisi arbeitet) und einem Georgier folgte. Letzterer begleitete nämlich ein Projekt hier in Argokhi, welches nun erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Zusammen mit Leuten aus dem Dorf wurde Calendula biologisch angebaut, getrocknet und schließlich vermarktet. Nun wurde Resümee gezogen, über die Zukunftsaussichten der beteiligten Dorfbewohner im Bereich des Anbaus von Bio-Kräutern gesprochen und Torte gegessen (an der wir bis heute zehren). Die Relevanz der ganzen Unternehmung besteht darin, den Menschen neue Perspektiven zu bieten. Denn bis jetzt bauen viele Familien auf ihren Ackerflächen, wenn sie diese überhaupt bewirtschaften, ausschließlich Melonen an, die sie dann nur zu einem Schleuder-Preis weiterverkaufen können. Das Gespräch sollte ihnen dabei helfen, Kontakte mit deutschen Abnehmern zu knüpfen und zu verstehen, dass diese vertrauenswürdig sind und für Produkte von guter Qualität zuverlässig und entsprechend gut zahlen. Ich bin gespannt, was passiert und ob überhaupt etwas passiert. Auf dem Bild seht ihr übrigens die Experten beim Begutachten der Versuchsfläche und drumherum die bunt gefärbten Blätter von Weinreben und Kaki-Bäumen. Es gibt ihn hier doch, den Herbst (auch wenn uns vorher Gegenteiliges berichtet wurde).

Donnerstag, 7. November 2013

Schon mal eine Fläche von 8 ha gefegt?

Wir schon! Letzte Woche mussten wir das, vorher bereits gemähte, Unkraut auf den Feldern verbrennen. Doch das war, anders als gedacht, eine sehr langwierige und mühsame Aufgabe. Jedes Feld war anders und musste anders bearbeitet werden, manche musste man wirklich regelrecht fegen. Wir benutzten natürlich keinen Besen, doch mit der Gabel fühlte es sich fast genauso an. Es dauerte ungefähr 4-5 Tage, bis wir endlich alle Flächen geschafft hatten. Nun folgt die Bodenbearbeitung – natürlich bio-dynamisch. Das heißt, man nach dem Pflügen (nicht zu tief und wahrscheinlich das letzte Mal überhaupt) den Boden nochmals bearbeitet, ihn dann aber für zehn Tage ruhen lässt. Anschließend werden die Präparate hergestellt und auf den Äckern bzw. um die Äcker herum verteilt, wie das wiederum genau aussieht, konnte ich mir noch nicht anschauen. Erst dann wird die neue Saat ausgebracht. Im nächsten Jahr wird eventuell eine Maschine angeschafft, die es ermöglicht, die sich auf dem Acker befindlichen Pflanzen niederzudrücken und dabei gleichzeitig zu säen. Diese Methode ist schonender für den Boden, da er nicht durcheinandergebracht wird. Ab heute haben wir übrigens einen neuen Mitbewohner – ein junger Schweizer, der hierher auswandern möchte. Wir sind gespannt, wie sich das Zusammenleben und das gemeinsame Arbeiten verändern werden. Jede Veränderung wird von uns im Moment dankbar angenommen, weil man dann merkt, dass doch etwas vorangeht. Außerdem soll bald ein großes Gewächshaus installiert werden, welches uns ermöglichen wird, auch im Winter Gemüse anzubauen.

Sonntag, 3. November 2013

Mohrrübe, Kosten & Co.

Immer wenn ich solche Begriffe in Gesprächen mit den anderen Freiwilligen zu hören kriege, schüttelt es mich. „Su däd des ba uns kana song!“, denke ich mir. Bei uns, ja, seit ich hier bin fühle ich mich fränkischer denn je. „From where in Germany are you?“ – tja, „Breitenlesau!“ brauche ich darauf wohl nicht zu antworten. Was sagt man stattdessen? Bavaria? Und im Nebensatz ein „northern part“ nachgeschoben? Franconia? Franconian Switzerland? Die Deutschen, die man hier nicht selten antrifft, erahnen nach wenigen Worten bereits meinen Süddeutschen-Migrationshintergrund. Ja, richtig gehört, liebes Brüderlein, für die Ohren der Nicht-Franken hört sich selbst mein höchstes Hochdeutsch doch recht fränkisch an. Ganz austreiben konnten mir das weder Gymnasium, Freunde ohne Fränkisch-Kenntnisse oder ein Auslands-Aufenthalt. Wenn es bei uns hier so weiter geht, schreibt Thalia nach dem Jahr noch ein Buch „Deutsch – Fränkisch, Fränkisch – Deutsch; Mein Jahr mit einer Oberfränkin“. Im Anhang befände sich wohl eine Liste mit Ausdrücken, die einen Franken zum Stutzen/ Lachen/ Weinen brächte. Und am Anfang stünde eine Liste mit landestypischen Lauten, damit man die Vokabeln auch richtig aussprechen lernte. Genug der Spinnereien. Erstaunlich für mich ist, dass hier jeder Deutschland kennt und natürlich jemanden, der Deutsch spricht. Die Autos tragen die Firmenlogos und Aufschriften deutscher Kleinunternehmen, da viele Fahrzeuge aus Deutschland stammen. „Heizungstechnik Schramm und Sohn, Herbert-Meißner-Str. 8, 25481 Hintertupfing? – Was zum Henker?!“. Hinz und Kunz fährt Benz, nur nicht Lenz (Georgi/ Tamasi/ Emsari), der fährt VW. (Beim Import scheinen jedoch einige Teile auf der Strecke geblieben zu sein - wer braucht schon einen Frontspoiler?) Im Gegensatz dazu wurde ich in Deutschland des Öfteren schief angeschaut beim Erwähnen meines Einsatzlandes und gefragt: „Nach Russland?“. Tiblisi unterscheidet sich nicht gravierend von EU-Hauptstädten – die meisten Leute sind sehr liberal eingestellt, die Mädels tragen High-Heels für die wir bei uns wahrscheinlich einen Waffenschein bräuchten und in den Diskos spielt die Musik bis zum Mittag des nächsten Tages. Ok, letztere sind vielleicht nicht so zahlreich wie in deutschen Städten, doch geht da auch ziemlich die Post ab (im Selbst-Versuch vorgestern ausgetestet). Kehrt man dann wieder auf’s Land zurück, nimmt die Liberalität stetig ab und die Religiosität sprunghaft zu, aber das ist bei uns ja auch nicht wirklich anders ;) Dieses Foto stammt aus der Jugendzeit eines Künstlers, dessen Retrospektive wir gestern besucht haben – ich mag es sehr ..